Viele Bewohner haben den Wunsch, ihre Pflegekräfte besser kennenzulernen. Sie wollen sich wertgeschätzt und umsorgt fühlen. Oft geht es Pflegekräften ähnlich. Auch sie wollen guten Kontakt zu den Senioren pflegen. „Die Bewohner sind dankbar, wenn man Zeit für sie findet“, erklärt Lea Stanzl, Fachkraft in der Altenpflege. Ihre Einschätzung: „Aufgrund von Personalmangel oder Verpflichtungen am Arbeitsplatz, ist es oft nur bedingt möglich, sich Zeit für Gespräche zu nehmen. Dadurch fühlen Senioren sich vernachlässigt und beschweren sich über die unpersönliche Behandlung“. Wie man trotz Zeitmangel ein gutes Verhältnis pflegen kann, zeigen wir anhand von fünf Praxis-Tipps.
1. Offen kommunizieren
Oft schätzen Senioren den Arbeitsaufwand des Pflegepersonals falsch ein. Der Bewohner fühlt sich übersehen, weil er rapides Verhalten der Fachkraft persönlich nimmt. „Mancher denkt, dass wir uns absichtlich wenig Zeit nehmen“, schildert Lea Stanzl. „Dabei ist es uns genauso ein Anliegen, mehr Zeit mit unseren Bewohnern zu verbringen“.
Eine offene Kommunikation ist daher das A und O für persönlichen Kontakt. Dem Bewohner sollte geschildert werden, dass Sie als Angestellte viele Verpflichtungen haben. Von der Hygiene am Bett über die Medikamentenausgabe bis hin zur Betreuung von Angehörigen.
Oft sind es diese Umstände, die ein knappes Zeitbudget bewirken – das sollten Pflegerinnen ihren Senioren kommunizieren. Achten Sie darauf, sich nicht über die Situation zu beschweren. Schildern Sie viel mehr die Vielfalt der Aufgaben, die Sie täglich zu bewältigen haben. Dadurch gewähren Sie Einblicke in ihren Alltag und wecken eine realistische Erwartungshaltung.
2. Interesse zeigen
Eine gute Methode, um Bewohner Interesse zu vermitteln, ist, Fragen zu stellen. Diese können persönlich sein, müssen aber nicht. Denn auch unpersönliche Fragen helfen dabei, dass sich der Senior als Person wahrgenommen und geschätzt fühlt.
- Haben Sie heute schon das schöne Wetter genossen?
- Worauf freuen Sie sich die kommenden Tage?
- Wie war Ihr Besuch heute?
Und ähnliche Fragen, können dabei helfen, ein nettes, kurzes Gespräch herzustellen.
Persönlicher wird der Kontakt, wenn Sie den Menschen bereits ein wenig kennen und spezifischer fragen können. Jedes Mal, wenn Sie nach Enkeln oder Geschehnissen seiner Lieblingsserie fragen, kommunizieren Sie Interesse am Wohlergehen und dass Sie bemüht sind, ihn als Person besser kennenzulernen. Solche Gespräche zu führen „ist keine ‚Zusatzleistung’, sondern zählt zu den zentralen Aufgaben einer Pflegeperson“, schreibt etwa Dr. Clemens Hausmann, Autor des Buches Kommunikation in der Pflege: Grundlagen für die Praxis.
3. Wertschätzung vermitteln
Wertschätzung kann über verschiedene Wege geäußert werden. Die einfachste Methode ist reden. Wenn Sie im Gespräch freundlich sind, fühlt sich fast jeder gesehen und respektiert. „Ein einfaches Lächeln oder Kompliment kann dabei Wunder wirken“, erklärt Stanzl.
Aus ihrem persönlichen Leben zu erzählen oder nach Ratschlägen zu fragen, zeigt dem Patienten ebenfalls Wertschätzung, baut Vertrauen auf und fördert den zwischenmenschlichen Kontakt. Greifen Sie auf Alltagssituation zurück und fragen Sie um Rat:
- Frau Maier, wie geht das Apfelkuchenrezept nochmal?
- Herr Schuster, wie war das, als Sie auf Ihre Gesellenprüfung gelernt haben?
- Frau Ernst, Sie waren doch mal in Italien im Urlaub, was können Sie mir empfehlen?
Wenn sie dem Senior durch nonverbale Kommunikation Wertschätzung vermitteln wollen, rät Buchautor Hausmann, „möglichst auf Augenhöhe mit dem Gesprächspartner zu gehen, eine ähnliche Körperhaltung einzunehmen und wiederholt Blickkontakt zu halten“. Das helfe dabei, um „das Gespräch auch auf der Beziehungsebene zu fördern“.
4. Aktives Zuhören
Bewohner, die wenig Besuch bekommen, reden gerne und viel. Wer jetzt aktiv zuhören kann, für den wird die Arbeit leichter. „Die Senioren haben viel zu sagen und schätzen es sehr, wenn man ihnen aufrichtig zuhört“, erzählt Stanzl. Für aktives Zuhören braucht die Pflegekraft ein offenes Ohr, sollte Verständnis zeigen und unbedingt Rückfragen stellen.
Gesundheitspsychologe Hausmann erklärt, dass „Blickkontakt und interessierter Gesichtsausdruck, Nicken, ‚Ja‘ und ‚Mhm‘“, dem Gesprächspartner zeigen, „dass man ihm aufmerksam zuhört. Dadurch wird er zum Weiterreden angeregt und das Gespräch bleibt in Gang“. Ab und an das Gesagte in eigenen Worten zusammenfassen, ist ein weiteres Mittel des aktiven Zuhörens.
5. Positiv bleiben
Manchmal funktioniert es mit der Bewohnerzeit nicht so, wie gewünscht. Wenn Sie mitten im Alltagsstress stehen und andere Dinge durch den Kopf sausen, ist es verständlich, dass Sie keine Zeit für die genannten Punkte haben. In dem Fall hilft es, sich seiner nonverbalen Kommunikation bewusst zu werden.
Seien es liebevolle Blicke, ruhige Gesten oder eine freundliche Mimik: Bewohner nehmen ihren Stress und ihr Unbehagen bewusst und unbewusst wahr. Eine negative Stimmung kann sich daher schnell auf den Bewohner übertragen. Versuchen Sie, eine positive Einstellung zu behalten und vermeiden Sie Hektik. Machen Sie es sich zur Routine auf Ihre nonverbale Kommunikation zu achten. Dann wird der Gepflegte nicht durch Ihren Stress vereinnahmt und sie können gelassener ihre Arbeit verrichten.